Erst vor gut einer Woche hatte der Wohlfahrtsverband rund 230 ehemalige Klienten angeschrieben und über das Vorhaben der Stadt Emsdetten, den jährlichen Zuschuss für das Angebot in Emsdettener Schulen zu streichen, berichtet. In dem Schreiben hatte der Caritasverband auch um Rückendeckung der Betroffenen beim Einsatz um den Erhalt des Angebotes gebeten. „Innerhalb weniger Tage hat mehr als ein Drittel aller Angeschriebenen reagiert und uns die beigefügten Unterstützerbriefe zugesandt“, sagt Detlef Eden, Leiter des Fachbereichs Hilfen für Kinder, Jugendliche und Eltern. Der Verband geht davon aus, dass diese Zahl in den kommenden Tagen noch steigt. Caritas-Geschäftsführer Bernward Stelljes kündigte an, noch einmal das Gespräch mit den politischen Parteien der Stadt zu suchen.
Zum Hintergrund: Seit 1996 bietet der Caritasverband Emsdetten-Greven eine schulpsychologische Beratung an. Aktuell stellt der Verband dafür mit einer halben Stelle eine Fachkraft für alle weiterführenden Schulen im Stadtgebiet zur Verfügung. Die Mitarbeiterin berät Schüler, Eltern und Lehrer bei Problemen im Zusammenhang mit dem Schulleben und der Schullaufbahn, ist Ansprechpartnerin, wenn es Störungen im Schüler-Lehrerverhältnis gibt und bietet Unterstützung von individuellen Hilfen bis zu präventiven Maßnahmen im System Schule. Für diese Leistung zahlt die Stadt einen jährlichen Zuschuss in Höhe von 36.000 Euro. Im Zuge von Sparmaßnahmen stellt die Stadt nun alle freiwilligen Leistungen auf den Prüfstand und hat angekündigt, ihren Zuschuss für die schulpsychologische Beratung zu streichen.
Damit entfiele, so Detlef Eden, eine einzigartige Chance, Schüler bei psychischen Problemen früh aufzufangen und ernsthafte Krisen zu vermeiden. „Wir bieten eine gute Erreichbarkeit vor Ort, kurze Wege und kurze Reaktionszeiten im Krisenfall“, betont er. Anders als rein sozialpädagogisch ausgerichtete Hilfen wirke die schulpsychologische Beratung wie eine Klammer zwischen Schule und Psychiatrie und biete fachlich angemessene Unterstützung.
Die Fallzahlen sprechen für sich: Insgesamt 224 Kinder und Jugendliche sowie 135 Eltern und 57 Lehrer suchten 2014 die Beratung auf. Hinzu kommen Gespräche mit Vertretern beteiligter Behörden und Institutionen wie Jugendamt oder medizinischen Einrichtungen. Dabei ist der Bedarf in den vergangenen Jahren enorm gestiegen, wie die Statistik des Caritasverbandes zeigt. Die Fallzahlen haben sich in den vergangenen fünf Jahren nahezu verdoppelt. „Die Schullandschaft hat sich zum Beispiel durch G 8 sehr verändert, der Druck auf Schüler nimmt zu“, sagt Detlef Eden.
Was die Hilfe durch die schulpsychologische Beratung in der Praxis bedeute, zeigten die Unterstützerbriefe. „Unter den Rückmeldungen waren auch viele sehr persönliche Stellungnahmen und Erfahrungen“, sagt Detlef Eden. Viele Betroffene hätten in ihren Rückmeldungen sehr persönlich geschildert, welche Hilfestellung sie erfahren hätten und warum das Angebot aus ihrer Sicht unerlässlich sei.
„Wir laden nun noch einmal die Vertreter aller Fraktionen im Stadtrat ein, um nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen“, sagt Caritas-Geschäftsführer Bernward Stelljes. Dabei sei der Caritasverband bereit, der Stadt entgegenzukommen und ein neues Konzept zur schulpsychologischen Beratung vorzulegen.
Bildunterschrift:
Fachbereichsleiter Detlef Eden hat die Unterstützerbriefe von Eltern, Schülern und Lehrern abgeheftet. Bisher hat mehr als ein Drittel aller Angeschriebenen seine Rückendeckung für die schulpsychologische Beratung signalisiert.