KREIS STEINFURT. Inwieweit haben Menschen mit Behinderung Zugang zu den Angeboten der Suchthilfe? Diese Frage nimmt im Caritasverband Emsdetten-Greven in den kommenden drei Jahren breiten Raum ein. Mit Unterstützung der „Aktion Mensch“ hat der Verband eine halbe Projektstelle geschaffen. Drei Jahre lang widmet sich Caritas-Mitarbeiterin Heike Budke der Frage, inwieweit herkömmliche Angebote der Suchthilfe auch Menschen mit Behinderung erreichen können. Dazu ist es erforderlich, dass die beiden Hilfesysteme Suchthilfe und Behindertenhilfe miteinander kooperieren. Am Anfang hat Heike Budke daher vor allem eine Aufgabe: ein breites Netzwerk aufzubauen.
„Seit einiger Zeit findet ein problematischer Suchtmittelgebrauch auch bei Menschen mit Behinderung Beachtung“, sagt die Diplom-Sozialpädagogin. In der Vergangenheit seien Menschen mit Behinderung eher in stationären Wohnformen zu Hause gewesen. Im Zuge der Verselbstständigung und Ambulantisierung stellten sich nun neue Herausforderungen. Budke: „Mehr Selbstständigkeit beinhaltet auch die Entscheidungsfreiheit darüber, Suchtmittel zu konsumieren. Dann ist es natürlich auch normal, dass sich Probleme mit Suchtmitteln entwickeln können.“ In ihrer bisherigen Form sind Suchtberatungsstellen nur unzureichend auf diese Aufgabe eingerichtet, ist André Plagge, Teamleiter in der Drogen- und Suchtberatung des Caritasverbandes Emsdetten-Greven, überzeugt. „Wir müssen hier neue Wege gehen, damit unsere Hilfen ankommen.“
Dass die Projektstelle ausgerechnet beim Caritasverband Emsdetten-Greven angesiedelt wurde, ist kein Zufall. Der Verband bietet neben der Drogen- und Suchtberatung auch vielfältige Angebote für Menschen mit Behinderungen: unterschiedliche Beratungsangebote, das Ambulant Betreute Wohnen, stationäre Wohnangebote oder auch das Haus Mirjam, eine stationäre Nachsorgeeinrichtung für hörgeschädigte, suchtkranke Menschen. „Eine Stärke unseres Verbandes ist es, dass wir in ganz unterschiedlichen Fachbereichen arbeiten. So können wir viele Kompetenzen verbinden und zielführend nutzen“, sagt Helmut Henrich, Leiter des Fachbereichs Hilfen für suchtkranke und psychisch kranke Menschen, der das Unterfangen federführend begleitet. Heike Budke bringt Erfahrungen aus dem Fachbereich Hilfen für Menschen mit Behinderung mit. Sie hat sechs Jahre im Haus Mirjam gearbeitet.
Auch der Kreis Steinfurt hat das Vorhaben unterstützt und im Rahmen der Antragstellung die Notwendigkeit bestätigt. Nun sucht Heike Budke in den kommenden Monaten verstärkt die Zusammenarbeit mit anderen Trägern und Anbietern. „Es geht im ersten Schritt vor allem um Vernetzung: Wie müssen unsere Systeme kooperieren, um Zugänge für alle zu schaffen? Wie können passende Angebote für diese Zielgruppe geschaffen werden?“, sagt Heike Budke. Die Lösungsansätze sollen später nicht allein dem Caritasverband Emsdetten-Greven, sondern auch anderen in der Suchthilfe tätigen Trägern zur Verfügung stehen. „Unser Ansinnen ist es, übertragbare Lösungen zu finden“, erklärt André Plagge.
Derzeit steckt das Projekt noch in der Planungsphase. „In der Probierphase können wir uns viele Ansätze vorstellen“, sagt André Plagge. Zum Beispiel eine angeleitete Selbsthilfegruppe, Präventionsgruppen oder auch eine Gruppe, in der ein verantwortungsbewusster Umgang mit Suchtmitteln eingeübt wird. Budke: „Die Überlegungen reichen von der Aufklärung bis dahin, ein spezielles Therapieangebot zu schaffen.“
Kontakt: Heike Budke ist über das Sekretariat der Beratungsstelle, Telefon 02572/ 157-28, oder unter budke@caritas-emsdetten-greven.de zu erreichen.
Seit dem 1. Oktober ermittelt Heike Budke, wie Angebote der Suchthilfe auch Menschen mit Behinderung erreichen können. Fachbereichsleiter Helmut Henrich (l.) und Teamleiter André Plagge begleiten das dreijährige Projekt mit dem Arbeitstitel „Suchthilfe für alle“.