EMSDETTEN/GREVEN/SAERBECK. Wenn im Streit mit der Partnerin die richtigen Worte fehlen, lassen manche Männer Gewalt sprechen. Warum sie das tun und welche Wege es für Männer aus der Gewaltspirale gibt, darüber informierten sich nun Mitarbeiter aller Fachdienste und Einrichtungen des Caritasverbandes Emsdetten-Greven in einer Fortbildung zum Thema „Männergewalt“. Referent Matthias Müller gab einen lebensnahen Einblick in die Beratungsarbeit mit Männern, die gegenüber ihrer Partnerin gewalttätig geworden sind. Der Geschäftsführer des Caritasverbandes Herten und ausgebildete Krisen- und Gewaltberater ist überzeugt: „Bei vielen Männern herrscht eine unglaubliche Sprachlosigkeit vor, wenn es um Gefühle geht.“
Gemeinsam mit seinen Mitstreitern aus dem Netzwerk „Echte Männer reden“ hat Matthias Müller es sich zur Aufgabe gemacht, der fatalen Mischung aus Sprachlosigkeit und Gewalt entgegen zu treten. Auf anregende Art und Weise lieferte er seinen Kollegen vom Caritasverband Emsdetten-Greven zuweilen ungewohnte Ansätze für die tägliche Arbeit in den verschiedensten Fachbereichen. Zum Beispiel eine durchaus kritische Sicht auf weit verbreitete Anti-Aggressionstraining für gewalttätige Jungen und Männer. „Sie setzen aus meiner Sicht zu spät an, nämlich erst, wenn sich die Gewalt ihren Weg bahnt“, erklärte er. In seiner Arbeit gehe es ihm vielmehr darum, dass Männer lernten, sich selbst zu spüren. Nur so könnten sie erkennen, an welchem Punkt sie die Kontrolle verlieren und gewalttätig werden. Betroffene Männer müssten lernen, ihre Gefühle in Worte zu fassen, um ihrer Frustration, Hilflosigkeit oder auch Angst einen Weg abseits von Gewalt bahnen zu können.
„Gewalt von Männern findet sich in allen Gesellschaftsschichten“, betonte Matthias Müller. Und sie hat viele Gesichter: Zum Beispiel in der Familie gegenüber der Partnerin oder Kindern oder in der Pflege gegenüber alten und kranken Menschen. „Gewalt ist ein Querschnittsthema“, sagt denn auch Bernward Stelljes, Geschäftsführer des Caritasverbandes Emsdetten-Greven über seine Motive, warum er seine Mitarbeiter für das Thema sensibilisieren möchte. Deshalb nahmen Kollegen aller Fachdienste von der Jugendarbeit über die Drogenberatung, von der Alten- und Krankenhilfe bis zur Behindertenhilfe an der Fortbildung teil. Stelljes: „Unsere Mitarbeiter begegnen dem Thema an vielen Stellen. Deshalb ist ein Ziel, die Aufmerksamkeit für Männergewalt und mögliche Auswege zu erhöhen.“
Dass Gewalt in der Gesellschaft mitnichten nur von Männern ausgeht, weiß auch Matthias Müller nur zu gut. Auch Männer erlebten in der Partnerschaft körperliche Gewalt durch ihre Partnerin, auch Mütter verübten Gewalt an ihren Kindern. Gerade die Erfahrungen in der eigenen Familie spiegelten sich oftmals im Verhalten von gewalttätigen Männern. Eine Entschuldigung für Gewalt sei das wenngleich nicht, so Matthias Müller. Er nannte drei Faktoren für den Anfang der Beratung, die letztlich zu deren Erfolg beitragen: „Als erstes muss das Gespräch Hoffnung signalisieren, dass es einen Ausweg gibt. Zweitens müssen die Männer spüren: ,Hier kann ich etwas lernen.' Und Drittens muss der Einstieg in die Meta-Kommunikation gelingen. Wir müssen auf einer übergeordneten Ebene über das Erlebte sprechen.“
Mehr Informationen zum Thema unter www.echte-männer-reden.de
Matthias Müller (vorn), Krisen- und Gewaltberater und Geschäftsführer des Caritasverbandes Herten, informierte seine Kollegen vom Caritasverband Emsdetten-Greven über das Thema „Männergewalt“.