„Mediensucht“ nennt sich das Phänomen, das in den letzten Jahren immer mehr
Aufmerksamkeit bekommt. Anders als Alkohol- oder Drogenabhängigkeit ist die Mediensucht eine Erkrankung,
die „stoffungebunden“ ist. „Deswegen ist sie aber nicht weniger gefährlich“,
warnt André Plagge, Ansprechpartner bei der Caritas Emsdetten Greven für Drogen-
und Suchtberatung. „Bis jetzt ist die Mediensucht ein anerkanntes Problem, aber noch keine
offizielle Abhängigkeitserkrankung. Deswegen ist der Therapiebedarf im Vergleich
zu anderen Abhängigkeitsformen noch gering, das wird sich aber in den nächsten
Jahren ändern“, ist sich Plagge sicher. 560000 Menschen, darunter viele jüngere,
sind laut einer vom Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegebenen Studie
„medienabhängig“. Suchtähnliches Verhalten Wer mehrmals am Tag sein Whatsapp-Konto auf dem Smartphone checkt, muss noch
lange nicht medienabhängig sein, meint Joachim Jüngst von der
Drogenberatungsstelle Rheine. Wer aber alle fünf Minuten nachschaut, ob nicht
doch vielleicht eine neue Nachricht da ist, zeige suchtähnliches Verhalten.
Ähnlich sehe es aus, wenn man fünf Stunden in virtuellen Spielewelten wie bei
World of Warcraft oder Counterstrike verbringe. Das Besondere: Kinder und Jugendliche nutzen die Medien anders, intensiver,
entdecken dabei auch die Abgründe des Internets. Selbst auf altersbeschränkte
Inhalte wie Porno-Videos können Jugendliche heutzutage leicht zugreifen. Auch in
Schulen ist die Mediensucht daher ein Thema: Die Suchtprävention steht in der
achten Jahrgangsstufe auf dem Stundenplan. „Aber auch Eltern sollten mehr Interesse für das Thema zeigen“, meint André
Plagge. Vor allem sei es wichtig, das Freizeitverhalten langfristig zu
beobachten. Wer sich phasenweise viel mit Medien auseinandersetzt – nicht
dramatisch. „Wenn aber Freunde, Schule oder Familie vernachlässigt werden, sich
der Tagesrhythmus verschiebt oder Entzugserscheinungen auftreten, sollte man die
Augen aufmachen“, richtet Plagge einen Appell an die Eltern. Die Anzeichen Mögliche Anzeichen für Mediensucht könnten wie bei einer Alkoholabhängigkeit
soziale Isolation und gedankliche Fixierung sein. Aber auch Bewegungsmangel kann
mit dieser Suchtkrankheit einhergehen. Für Eltern sei es auch deshalb wichtig,
sich mit den Online-Aktivitäten ihres Kindes auseinanderzusetzen, um die Lage
besser einschätzen zu können. Und wie steht´s mit Reglementierungen? Zeitbudgets könnten sinnvoll sein, von
technischen Sperren rät Suchtberater André Plagge eher ab. Denn auf diesem
Gebiet können die Eltern heute mehr von ihren Kindern lernen. Laura Schmedding
Copyright 28.02.2015 EmsdettenerVolkszeitung