Wir sprachen mit der Teilnehmerin Indira Hodak (36 Jahre) und Petra Krumböhmer, Koordinatorin des ambulanten Hospizdienstes Emmaus beim Caritasverband und Mitglied im Team der ausgebildeten Kursleiterinnen.
Frau Hodak, gerade haben sie sich vier Stunden lang intensiv mit Letzter Hilfe auseinandergesetzt. Wie würden Sie die allgemeine Haltung in der Gesellschaft zum Thema Tod beschreiben?
Indira Hodak: Ich glaube, dass viel über dieses Thema geschwiegen wird. Sobald man über den Tod spricht, kommt ein trauriges Gefühl in einem hoch. Man möchte vielleicht gar nicht darüber reden, oder man versucht Rücksicht zu nehmen auf andere, von denen man glaubt, dass sie nicht darüber sprechen wollen. Aber vielleicht würden viele ja doch sprechen wollen.
Warum haben Sie sich entschlossen, einen Letzte-Hilfe-Kurs zu besuchen?
Hodak: Das war ganz spontan und kurzfristig, als die Ankündigung in der Zeitung stand. Das Thema hat mich direkt gereizt. Ich arbeite in einem Pflegeheim und bin regelmäßig mit dem Tod konfrontiert. Aber als ungelernte Kraft fehlen mir häufig Mittel und Methoden. Außerdem war mein Erste-Hilfe-Auffrischungskurs noch gar nicht so lange her. Das ist ja eine Art Anknüpfung an die Letzte Hilfe. Auf einer Feier habe ich dann erzählt: Ich gehe auf einen Letzte-Hilfe-Kurs. Das haben die Leute mir nicht geglaubt und dachten, tatsächlich, es ginge um Erste Hilfe.
Wie sehen für Sie die "Symptome" des Sterbens aus?
Hodak: Das kann ich selbst noch gar nicht beschreiben. Ich habe noch niemanden direkt beim Sterben begleitet. Aber ich erlebe Menschen, die sagen: Ich möchte endlich einschlafen.
Das "kleine Einmaleins der Sterbebegleitung", wie es über diesen Kurs heißt, klingt sachlich-pragmatisch. Welches "Handwerkszeug" haben Sie in die Hand bekommen in den vier Stunden?
Hodak: Es gab einige praktische Übungen und Tipps wie den mit dem kleinen Hand-Ventilator. Der kann helfen, wenn Sterbende Atemnot bekommen. Wir haben diese Atemnot simuliert: durch einen Strohhalm atmen und dabei fünf Kniebeugen machen. Danach hilft es wirklich, wenn man einen Hand-Ventilator auf den offenen Mund richtet. Man fühlt sich besser. Viele Sterbende atmen durch den Mund, trinken wenig und haben daher einen trockenen Mund. Wir haben auch das nachgestellt und uns den Mundraum dann mit Wattestäbchen befeuchtet, um uns in die Situation eines Sterbenden hinein zu fühlen. Aus den Erfahrungsberichten der beiden Kursleiterinnen und von Teilnehmerinnen, die schon Sterbende begleitet haben, ist dann ein ganz reger Austausch und eine Diskussion entstanden.
Petra Krumböhmer: Noch ein anderes praktisches Beispiel: In der Sterbephase kommt es manchmal zu Hyperventilation, zu beschleunigter Atmung. Man kann versuchen, durch Akupressur an den Handgelenken den richtigen Atemtakt wiederherzustellen. Das haben wir auch aneinander ausprobiert.
Hodak: Am Ende waren da viele Hinweise, wie man selbst ganz aktiv den Sterbenden unterstützen kann, etwas tun kann. Es gab keine Checklisten, keine Patentrezepte, aber die Befähigung, mit dem Thema umzugehen.
Wenn Sie jetzt einem Bekannten erzählen, worum es in dem Kurs ging: Was wären für Sie die zwei wichtigsten Punkte, die er wissen sollte?
Hodak: Mir persönlich war sehr wichtig, was man aktiv und passiv tun kann in der Begleitung. Und super wichtig waren die Hinweise auf die Vorsorgevollmacht und die Patientenverfügung. Darüber macht man sich ja sonst gar keine Gedanken.
Krumböhmer: Was für mich besonders wichtig ist: Für jeden ist Lebensqualität etwas anderes. Es ist wichtig, auf den Sterbenden einzugehen und zu fragen: Was ist für ihn wichtig, was ist für ihn Lebensqualität.
Was wünschen Sie sich für Sterbende?
Hodak: Es ist doch im Grunde so, dass jeder etwas anderes braucht. Aber allgemein: Niemand sollte allein sterben müssen, und auf jeden Fall sollte der Mensch schmerzfrei sein. Angehörige und auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Altenheimen oder Hospizen sollten beruflich und privat Zeit haben, Sterbende begleiten zu können. Ich wünsche Sterbenden, dass Nahestehende vorbereitet sind - wie bei der Ersten Hilfe. Ich selbst möchte, wenn es dazu kommt, nicht sagen müssen: Ich kann das nicht.
Möchten Sie anderen Menschen Mut machen, sich dem Thema Letzte Hilfe zuzuwenden?
Hodak: Ja, ganz sicher! Meistens beschäftigt man sich mit diesem Thema erst, wenn man selbst damit Kontakt hat, wenn zum Beispiel die Oma im Sterben liegt. Dann kommt ja spätestens die Frage: Wie gehe ich damit um? Wenn man dann weiß, dass es diese Letzte-Hilfe-Kurse gibt, ist das doch super. Besser sollte man schon vorher daran denken, zum Beispiel wenn Angehörige ins betreute Wohnen oder ins Altenheim umziehen. Aber klar: Mit 20 Jahren ist das Thema ganz weit weg. Später kann aber immer noch rechtzeitig sein. Der Bedarf an Letzte-Hilfe-Kursen ist auf jeden Fall da.
Der nächste Letzte-Hilfe-Kurs des Caritasverbands findet statt am Freitag, 6. September, im Mehrgenerationenhaus in Saerbeck (15 bis 19 Uhr). Die Teilnehmerzahl ist jeweils auf 18 beschränkt. Anmeldungen nimmt die Hospizkoordinatorin Petra Krumböhmer entgegen, Tel. 02572/ 15722, E-Mail: krumboehmer@caritas-emsdetten-greven.de
Indira Hodak (Mitte), Teilnehmerin des Letzte-Hilfe-Kurses beim Caritasverband, mit Petra Krumböhmer (links), Koordinatorin des ambulanten Hospizdienstes Emmaus, und Mechthild Bunte, ausgebildete Kursleiterin und Mitarbeiterin im Grevener Gertrudenstift.
CV_LH_Krumboehmer:
Petra Krumböhmer, Koordinatorin des ambulanten Hospizdienstes Emmaus beim Caritasverband und im Leiterinnenteam der Letzte--Hilfe-Kurse, mit einer Klangschale, die bei Sterbenden beruhigend wirken kann.