Jetzt steht sie zusammen mit Sositha Atchara (27 Jahre) in der Produktionshalle und montiert Speichen. Auch Atchara hat wie ihre Kollegin Kruse eine längere Anfahrt durchs Münsterland hinter sich. Von Wettringen nach Altenberge. Auch dafür benötigt die 27-Jährige etwa eine Stunde. Doch die Anreise nehmen die beiden gerne in Kauf. Und das aus gutem Grund. Sie haben einen Arbeitgeber gefunden, der die beiden gehörlosen Frauen eingestellt hat. In Münsterland gibt es derzeit 45 Betriebe, die insgesamt 450 Menschen mit Behinderungen beschäftigen, sagt Michael Veltmann vom Sachgebiet Integrationsprojekte des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe. „Es können durchaus noch mehr werden“, so sein WunschDie beiden gehörlosen Frauen sind nicht die einzigen Beschäftigten mit Behinderungen, die beim Fahrradhersteller arbeiten – mittlerweile hat das Unternehmen 17 Frauen und Männer angestellt, die mit verschiedensten Beeinträchtigungen – von Depressionen bis zu Hörschädigungen – zu kämpfen haben. Insgesamt arbeiten dort 97 PersonenDer LWL hat uns den Weg gezeigt“, erzählt Geschäftsführerin Edith Thiemann. Das war vor rund zwei Jahren. Mittlerweile ist die Firma ein vom LWL anerkannter Integrationsbetrieb. „Mit dem Gedanken habe ich schon lange gespielt“, erzählt Edith Thiemann. „Ich hatte die Lust, das anzugehen.“ Das war bis vor einem Jahr schon aus Platzgründen nicht möglich. Doch durch den Umzug von der Boschstraße zum „Regionalgut“ (Zur Steinkuhle 2) hat sich das Unternehmen deutlich vergrößert, das Projekt konnte in Angriff genommen werden>Um Menschen mit Behinderungen in Arbeit zu bringen, sind immer mehrere Einrichtungen beteiligt – neben dem LWL auch die Agentur für Arbeit, der Kreis Steinfurt (Sozialamt) und der Caritasverband Emsdetten/Greven. Und diese waren auch bei AT Thiemann mit im BootÜber das „perfekte Zusammenspiel“ aller vier Kooperationspartner freute sich Sven Goebel, Reha-Spezialist der Agentur für Arbeit in Rheine. Das war auch nötig, denn bislang arbeiteten nur drei Menschen mit Behinderungen im Altenberger Unternehmen. Doch bevor der LWL in das Projekt einstieg, wurden unter anderem wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt. Schließlich fördert der LWL finanziell Betriebe, die sich auf dem Sektor Integration engagieren. So wurde unter anderem eine Produktionsanlage finanziert. Die Arbeitsagentur wiederum unterstützt beispielsweise die ArbeitsplatzeinrichtungChristian König ist seit elf Jahren als Integrationsfachberater für die Caritas im Einsatz, beherrscht die Gebärdensprache und wird auch künftig vor Ort sein. Ab dem 1. Januar gibt es eine regelmäßige Sprechstunde für die Menschen mit Behinderung. „Dann kann ich weiterhin meine Hilfe anbieten“, sagt König. Und diese ist wichtig, betont der Fachmann. „Man trifft sich auf einer Ebene.“ Melanie Wonner, Sozialarbeiterin beim Kreis Steinfurt, freut sich über diesen regelmäßigen Kontakt vor Ort. Die „psychosoziale Betreuung“ trage entscheidend dazu bei, damit sich Menschen mit Behinderungen in einem Betrieb auch wohl fühlen. „Es ist eine ganz besondere Klientel, die eine besondere Aufmerksamkeit benötigt“, unterstreicht Wonner. Für Edith Thiemann ist die Integration noch lange nicht beendet. Fortbildungen für Mitarbeiter sind geplant und sie persönlich setzt auch ein Zeichen: „Ich werde die Gebärdensprache erlernen. Die Menschen mit Behinderung werden genauso bezahlt wie ihre Kollegen. „Da machen wir keinen Unterschied“, betont Edith Thiemann. „Der Stundenlohn sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld sind identisch.
Pressemitteilung
So geht Integration
Erschienen am:
11.12.2015
Herausgeber:
Westfälische Nachrichten
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