Überrascht insofern, weil sich das Café, in dem Langzeitarbeitslose, psychisch und Suchtkranke sowie Menschen mit Behinderungen die Gäste im Lesesaal mit Waffeln, selbst gebackenem Kuchen und Getränken versorgen, großer Beliebtheit erfreut. Und, weil es bis jetzt nie zur Disposition stand. Noch dieses Jahr gewährte die Politik einen Sonderzuschuss, weil das Lesecafé 2014 mit Einbußen aufgrund der Baumaßnahmen zu kämpfen hatte. Steckt Absicht dahinter? In der Politik sind daher hinter vorgehaltener Hand Stimmen laut geworden, der Caritasverband spiele die Lesecafé-Karte bewusst aus, um ein besseres Blatt im Poker um die Schulpsychologische Beratungsstelle zu haben. Nach dem Motto: Streicht die Stadt uns die Zuschüsse für eine wichtige Institution, schließen wir eine für die Stadt wichtige Einrichtung. Offen formulieren will diesen Vorwurf keiner, zwischen den Zeilen lässt sich aber deutlich heraushören, dass es zwischen der Stadt und der Caritas, die in der Stadt sehr viele Angebote betreibt und daher eine nicht zu unterschätzende Machtposition im Sozialbereich hat, knirscht. „Der Caritasverband hat ganz häufig sehr eigene Vorstellungen, wie Angebote auszusehen haben. Das macht Verhandlungen nicht einfacher“, sagt der Vorsitzende des Sozialausschusses, Alfred Franke (UWE). Matthias Cieslak (CDU) nimmt die schärfer werdende Kritik der Caritas an Kürzungsbeschlüssen für die Schulpsychologische Beratungsstelle inklusive geballter PR-Maschinerie „verwundert zur Kenntnis“. Man könnte auch sagen: Er ist sauer. Tobias Wichmann, stellvertretender Fachbereichsleiter beim Caritasverband, will die beiden Themen allerdings in keinem Fall verknüpft sehen, dementiert einen solchen Zusammenhang deutlich. Das Lesecafé sei ein Beschäftigungsmodell, dem immer mehr die Beschäftigten fehlten. „Es zeichnet sich ab, dass wir immer schwerer Menschen finden, die den Anforderungen im Lesecafé so gewachsen sind, dass der Betrieb zuverlässig aufrechterhalten werden kann“, sagt Wichmann. Immer häufiger müssten Hauptamtliche nicht nur die Café-Kräfte anleiten, sondern selbst im Service mit einspringen. „Geld spielt bei der Entscheidung, sich aus dem Lesecafé zurückzuziehen, keine Rolle“, erklärt Wichmann, und „bedauert sehr, dass der Caritasverband dieses schöne, erfolgreiche und repräsentative Angebot aufgeben muss“. Die Argumentation der Caritas kann Elmar Leuermann als zuständiger Fachbereichsleiter im Rathaus nachvollziehen. Die geschilderten Probleme „decken sich auch mit den Erfahrungen der Bibliotheksmitarbeiter“. Gleichwohl wolle die Stadt alles daran setzen, das Lesecafé weiter aufrechtzuhalten – mit einem anderen Träger. chb
Pressemitteilung
Steht das Lesecafé in der Bibliothek vor dem Aus?
Erschienen am:
12.11.2015
Herausgeber:
Emsdettener Volkszeitung
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