Vernetzte Hilfsangebote des Caritasverbands / Bundesweite Aktionswoche regt zum Hinsehen an
In jeder Schulklasse im Durchschnitt ein bis zwei Kinder oder Jugendliche, mit dieser bedrückenden Zahl umreißt Ingo Brokhues vom Caritasverband die Dimension eines Problems, das in der öffentlichen Diskussion nur selten vorkommt: Kinder aus Suchtfamilien.
Sie heißen bei ihrer Interessenvertretung, dem Verein Nacoa in Berlin, auch "die vergessenen Kinder". Im Vorfeld der bundesweiten "Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien" vom 9. bis 15. Februar will der Caritasverband an diese indirekten Opfer von Sucht erinnern - und an die Beratungs- und Unterstützungsangebote für betroffene Familien.
Die sind beim Caritasverband Aufgabe der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern, wo Ingo Brokhues tätig ist, und der Drogen- und Suchtberatung. "Das Thema liegt uns am Herzen", sagt deren Teamleiter André Plagge. Sein Kollege und er hoffen dabei auf einen doppelten Effekt. Für süchtige Eltern könne die Aktionswoche eine Anregung sein, sich zum Wohl des eigenen Kindes mit der eigenen Betroffenheit auseinander zu setzen. Für Angehörige und Nahestehende sei sie der Appell, Betroffene anzusprechen oder sich selbst an die Caritas-Beratung zu wenden.
Auf bundesweit 2,6 Millionen schätzen Studien die Zahl der Kinder und Jugendlichen bis 18 Jahre, deren Eltern Probleme mit Alkohol haben, berichtet Andre Plagge. Drogen-, Glücksspiel und zunehmend Mediensucht seien in dieser Zahl noch nicht berücksichtigt. Dabei sei zum Beispiel Alkoholabhängigkeit der Eltern für Experten einer der schädigendsten Faktoren für das Aufwachsen von Kindern.
Die Folgen kennt Ingo Brokhues: Den Kindern fehlt das Erlebnis von Verlässlichkeit, häufig müssen sie die überfordernde Elternrolle übernehmen, sie sind hoher emotionaler Belastung ausgesetzt mit Angst um die Eltern und Trauer und Scham wegen ihrer Situation. Hinzu kämen die Folgen grenzverletzenden Elternverhaltens, von verbaler oder körperlicher Gewalt zu Hause. Eine Langzeitfolge: Kinder aus Suchtfamilien haben ein viel höheres Risiko, später selbst süchtig zu werden.
Brokhues und Plagge wissen aus Erfahrung, dass die Vernetzung ihrer Beratungsangebote ein großer Vorteil sein kann. In der Drogen- und Suchtberatung gehe es für Erwachsene häufig um existenzielle Probleme, dann könne zusätzliche Familienberatung die Kinder auffangen. Umgekehrt sei bei Erziehungsproblemen mitunter Sucht im Spiel, so dass Hand in Hand der ganzen Familie am besten geholfen werden könne - wenn Betroffene dies wünschen. Dabei verweisen beide auf ihre jeweilige Schweigepflicht und die Vertraulichkeit der Gespräche.
Kontakt zum Caritasverband: Tel. 02572/ 15728 (auch für Greven und Saerbeck) oder über die Onlineberatung für Kinder, Jugendliche und Eltern. Die Erziehungsberatung, die auch Ansprechpartner für Erzieherinnen und Lehrer ist, bietet auch Sprechstunden in Kitas, Familienzentren und Grundschulen an.
www.onlineberatung-caritas.de
Bildzeile:
Ihnen liegen Kinder aus Suchtfamilien am Herzen: Ingo Brokhues (Caritas-Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Familien, links) und André Plagge (Drogen- und Suchtberatung)