Was tun, wenn ein Mann seine geliebte Ehefrau nicht gehen lassen kann? Und wie mit einem verbitterten alten Menschen umgehen, der gramvoll auf sein zu Ende gehendes Leben zurückblickt? Mit diesen und ähnlichen Fragen werden Angehörige, Pflegende, Mediziner und Ehrenamtliche aus Hospizdiensten konfrontiert. Wie sie Worte für eigentlich Unsagbares finden können, darüber informierte nun das Palliativnetz Emsdetten-Greven-Saerbeck in einer Fachtagung in der Kirche St. Mary's in Greven. Auf Einladung des Palliativnetzes sprach der Pastoralpsychologe Dr. Werner Greulich über das Thema „Schwierige Gespräche am Lebensende“.
Für den Caritasverband Emsdetten-Greven begrüßte Fachbereichsleiter Ansgar Kaul die Gäste. Anschaulich führte er den Zuhörern, darunter Mediziner, Pflegedienstmitarbeiter sowie weitere Fachleute der Palliativmedizin und Ehrenamtliche der Hospizarbeit aus Emsdetten, Greven und Saerbeck, Situationen vor Augen, die Gespräche am Lebensende so schwierig machen können. Dr. Werner Greulich regte an, die Probleme auf der Grundlage der sogenannten systemischen Gesprächsführung zu beleuchten. „Das systemische Denken geht von der Annahme aus, dass sich zum Beispiel Familien-Systeme oder auch andere Systeme selbstorganisiert entwickeln können“, erläuterte Dr. Werner Greulich. „Kein Verhalten ist ohne den Kontext, ohne das System zu verstehen.“
Anschaulich nahm er seine Zuhörer mit auf eine Wanderung durch die sieben Räume des systemischen Denkens. Diese sind die Beziehung, das Kontextualisieren, die Lösungsorientierung, die Ressourcenorientierung, das sogenannte Refraiming, der Perspektivenwechsel sowie als siebter Raum Liebe, Neugier, Spiel. Vor diesem Hintergrund riet der Pastoralpsychologe, weniger zu hinterfragen, warum eine bestimmte Sache geschehe, sondern eher, wie sie geschehe. „Das kann die Frage an den Ehemann sein, wie es für ihn ist, wenn er nicht mehr all die Dinge mit seiner sterbenden Frau erledigen kann“, nannte der Referent ein Beispiel. Seine Erfahrung: „Wenn ein Mensch in so einer Situation erst einmal sprechen kann, ist ein erster wichtiger Schritt für eine Umorientierung schon getan.“
Hilfreich waren auch seine Tipps, Gespräche in bestimmte Richtungen zu lenken: von Problemen zu Zielen, von Defiziten zu Fähigkeiten, vom Klagen zum Handeln, vom vertrauten Sehen zum neuen Sehen. Er verwies auf neurobiologische Erkenntnisse. „Unser Denken wird unser Schicksal. Eine positive Sichtweise macht stark“, so Dr. Werner Greulich, der auch als Trauerberater tätig ist. Vor diesem Hintergrund erläuterte er seinen Zuhörern sehr eindrücklich, welche verschiedenen Stadien des Trauerns, wie Wut oder Verdrängen, Menschen nach dem Verlust eine geliebten Menschen durchleben. Er riet dazu, das Trauern nicht als starre Abfolge bestimmter Phasen zu sehen, sondern sprach von einer Art Trauerspirale, in der verschiedene Stadien auch mehrfach in veränderter Form erlebt werden können.
Die Verantwortlichen des Palliativnetzes Emsdetten-Greven-Saerbeck begrüßten mit Dr. Werner Greulich (7.v.l.) einen Fachmann für den Umgang mit Sterbenden und Trauernden.
Zum Thema
Palliativnetz Emsdetten-Greven-Saerbeck
Das Palliativnetz Emsdetten-Greven-Saerbeck bietet eine multiprofessionelle Unterstützung am Lebensende. Die Akteure begleiten auf die unterschiedlichste Art Menschen, deren Leben sich dem Ende neigt, sowie deren Angehörige. In dem Netzwerk engagieren sich unter anderem Haus- und Fachärzte, das Hospiz „haus hannah“, die ambulante Caritas-Palliativpflege, der ambulante Caritas-Hospizdienst Emmaus sowie der Hospizdienst der Malteser Greven, der ambulante Pflegedienst Maria-Josef-Hospital Greven, Sanitätshäuser, Apotheken und weitere Anbieter der Palliativ-Versorgung. Information und Erstkontakt unter Telefon 01520/ 7521165.